Ein Stundenbuch der Liebe,
ein Rosenkranz der Leidenschaft
Als die Liebesgedichte Annemarie Bostroems 1947 zum ersten Mal in Buchform erschienen, fragten die Ordnungshüter der sozialistischen Moral nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz. Der Literaturreferent der Sowjetischen Besatzungszone fällte ein vernichtendes Urteil: „abstoßende Neigungen und Triebe einer Dichterin …. bestenfalls der Beachtung eines Psychiaters wert“.
Dem Erfolg der ungewöhnlichen Gedichtsammlung tat dies keinen Abbruch – die Terzinen des Herzens wurden zu einem Bestseller und Longseller wie kaum ein andereres Buch mit Gedichten.
Was ist es, das uns so berührt an diesen Versen, heute noch? Sie sind vollkommen, perfekt, durchkomponiert bis ins Detail (in der Gliederung der Neuausgabe wird zum ersten Mal deutlich, wie sehr sich in der Anordnung des Ganzen die der Teile spiegelt). Und sie sprechen von Liebe, die maßlos ist und Formen sprengt.
„Sie beschreiben“, bemerkt Nora Gomringer im Nachwort, „– fast wie ein mittelalterliches Stundenbuch – im Bild des Tageslaufes die Entwicklung einer großen Liebe mit aller Süße, aller Säure, ja den Bitternissen und den Zweifelsbissen.“
Das trifft es gut: Ein Stundenbuch, ein Rosenkranz der Liebe, im Spannungsfeld zwischen überbordender Leidenschaft und formaler Strenge – es ist an der Zeit, diese wunderbaren Gedichte neu zu entdecken.
Annemarie Bostroem
Terzinen des Herzens. Liebesgedichte. Mit einem Nachwort von Nora Gomringer,
Klappenbroschur, 68 S. 10.90 €
ISBN 978-3-941725-37-9